Demokratisch Handeln - Der Wettbewerb 2004
Geschichte der Bensheimer Juden im 20. Jahrhundert

Themen:

  • Geschichte, Lokalgeschichte, NS-Geschichte etc.

Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufe 12 stellen sich in den Leistungskursen Geschichte die Aufgabe, das Geschehen in der Pogromnacht des 9./10. November 1938 - die Übergriffe auf jüdische Mitbürger, deren Häuser und Wohnungen sowie die Zerstörung der Synagoge - möglichst detailliert nachzuzeichnen. Im Verlauf der Nachforschungen stellt sich heraus, dass die bis dahin vorliegenden Beiträge zum Leben der Jüdischen Gemeinde der Stadt Bensheim im 20. Jh. sehr lückenhaft sind. Deshalb versuchen sie, über das ursprüngliche Thema "Synagogenbrand" hinaus auch das Alltagsleben der Bensheimer Juden zu berücksichtigen. Die Ergebnisse werden auf weit über 300 Seiten in der Veröffentlichungsreihe der "Geschichtswerkstatt Geschwister Scholl" unter dem Titel "Geschichte der Bensheimer Juden im 20. Jahrhundert" publiziert. Eine Kurzfassung des Projekts wird als Multimedia-CD produziert und im Internet veröffentlicht.Die umfassende Projektarbeit beginnt im Februar 2001, wird Ende Juni 2001 mit einer ersten Rohfassung abgeschlossen und in einzelnen Arbeitsgruppen in einer Endredaktionsphase zusammengestellt. Die Ergebnisse werden in Ausstellungen in der Region präsentiert. 2002 werden die Ergebnisse der Projektarbeit ergänzt. Die Projektgruppe nimmt Kontakt zu verschiedenen jüdischen Verbänden, Institutionen und Privatpersonen in Deutschland und den USA auf. Erstmals werden die Lebenserinnerungen Hans Sternheims, eines Bensheimer Juden, der 1939 mit Teilen seiner Familie in die USA emigrierte, in zusammenhängender Form der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Als Quellen nutzen die Schüler Prozess- und Entschädigungsakten, Nachlässe, Zeitzeugenberichte und Zeitungsartikel. Sie informieren die Öffentlichkeit über ihr Projekt in einem Presseartikel, in dem zur Mitarbeit aufgerufen und nach Zeitzeugen gesucht wird. Das Faktenmaterial und die Glaubwürdigkeit von Quellen aus der Zeit nach 1945 sowie Informationslücken werden gründlich analysiert. Zunächst gehen die Schüler in ihrer Publikation auf die Geschichte der jüdischen Gemeinde und der Synagoge in Bensheim sowie den allgemeinen historisch-politischen Kontext der Pogromnacht ein. Der Ablauf der Pogromnacht in Bensheim wird detailliert wiedergegeben. Dem Hauptanliegen der Untersuchung, der Aufarbeitung von Synagogenbrand und Judenverfolgung in der Bensheimer Pogromnacht nähern sich die Schüler v.a. über die Rekonstruktion des Täterverhaltens und der Situation der betroffenen Opfer. Umfassend und detailliert ist das zusammengestellte Material, beklemmend und bestürzend sind die offen gelegten Fakten über das Leid der Opfer und die Grausamkeit der Täter. Die Jugendlichen spüren den Lebensläufen von Tätern und Opfern noch bis in die Gegenwart nach. Bei der Schilderung und Analyse des Täterverhaltens verstehen sich die Projektgruppenmitglieder ausdrücklich als Berichtende und nicht als Richter. Ausführlich erörtern sie den Umgang mit schuldbeladener Vergangenheit in Justiz und Gesellschaft nach 1945. Ihre Publikation widmen die Schüler den Opfern der Ausschreitungen in der Pogromnacht. In ihrer Publikation spannt die Projektgruppe schliesslich den geschichtlichen Bogen bis in die Gegenwart und aktuelle antisemitische Ausschreitungen. Damit belegt sie die Aktualität ihrer eigenen Forschungstätigkeit. (TH)

[Bensheim, 2004]

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Geschwister-Scholl-Schule
Eifelstrasse 39-43
64625 Bensheim