Direkt zum Inhalt springen

Wir trauern um
Prof. Dr. Helmut Frommer
16. Juli 1932 – 11. Oktober 2016

Bild

Helmut Frommer war dem Förderprogramm Demokratisch Handeln seit seinem Anfang ein Fürsprecher und ein praktischer Begleiter für seine schulischen Belange. Er war bereits bei der ersten Auswahljury 1991 dabei und hat dieses Gremium sowie unsere "Lernstatt Demokratie" seither kontinuierlich begleitet.

Er hat die Katastrophe des Nationalsozialismus und des 2. Weltkriegs als Kind und als Jugendlicher hautnah erlebt. So wurde er ein entschiedener Verfechter einer offenen Gesellschaft und einer Demokratie, die sich nicht alleine als politisches Ordnungssystem, sondern als eine gelebte Kultur und Verantwortungsgemeinschaft in der Praxis und im alltäglichen Zusammenleben bewährt.

Von 1976 an war er – gelernter Maschinenbauer, Berufsschullehrer und promovierter Psychologe – Direktor des "Staatlichen Seminars für Didaktik und Lehrerbildung (Gymnasien)" in Rottweil und hat schon während dieser Zeit mit der ihm eigenen politischen Unabhängigkeit und Urteilskraft eine Pädagogik gefördert, in deren Mittelpunkt nicht ideologisch oder berufspolitisch begründete Strukturfragen und keine frontale gymnasiale Belehrungskultur, sondern ein modernes, schülerzugewandtes Lernen durch Erfahrung und Handeln stehen sollte. Er war in den 1980er-Jahren an der Gestaltung der pädagogischen Angebote der Ev. Akademie Bad Boll beteiligt und engagierte sich, auch hier ein Partner der ersten Stunde für die Tübinger Projektgruppe um Peter Fauser und Andreas Flitner, in dem von der Robert Bosch Stiftung seit den frühen 1980er Jahren geförderten Programm "Praktisches Lernen". Besonders lag ihm hier die "Regionalgruppe Baden-Württemberg" am Herzen, die er bis zu ihrer Auflösung vor fünf Jahren auch als Vereinsvorsitzender geführt hatte.

Er hat sich nach dem Fall der Mauer ohne Zögern und dann über zwei Jahrzehnte bei der Beratung und Begleitung von Schulen in Jena engagiert. Er hat Fortbildungsseminare und andere Angebote zum Thema "Beratung" durchgeführt. Besonders die aus der bürgerschaftlichen Wendebewegung heraus neu gegründete Jenaplan-Schule hat er kontinuierlich begleitet und war maßgeblich an der Darstellung ihrer Entwicklung seit 1991 beteiligt (Ein neuer Jenaplan. Befreiung zum Lernen. Die Jenaplan-Schule 1991-2007, Seelze-Velber 2007, hrsg. von Gisela John, Helmut Frommer und Peter Fauser).

Helmut Frommer verfügte als Schulbegleiter und -berater über eine ganz ungewöhnliche und seltene Fähigkeit, seine Einsichten aus einer äußerst genauen und kritischen Beobachtung der pädagogischen Praxis in kollegialen Auswertungsgesprächen zugleich ungeschminkt und mit größter Achtung für die Gesprächspartner zur Diskussion zu stellen. Seine umfassende Kenntnis nicht nur pädagogisch-psychologischer und didaktischer Debatten, sondern auch aller komplexen schulorganisatorischen und rechtlich-administrativen Bedingungen, Fallstricke und Schwierigkeiten war in kritischen Schulentwicklungslagen stets hilfreich. Das kam der Jenaplan-Schule bei der Entwicklung ihrer gymnasialen Oberstufe zugute. So war er in der Lage, mit der Schule zusammen eine Organisationsstruktur zu konzipieren, die dem Differenzierungsanspruch der Oberstufe auch bei einer sehr kleinen Schülerzahl genügte. Vor allem gelang es ihm, die zuständigen Partner im Kultusministerium dafür zu gewinnen.

Nach seiner Pensionierung im Jahre 1994 wandte er sich verstärkt der pädagogischen Fachzeitschrift "Lehren und Lernen" zu, in die er regelmäßig Mitarbeiter des Förderprogramms Demokratisch Handeln zur Publikation von Fachaufsätzen und zur Darstellung herausragenden Praxisbeispielen eingeladen hat. In der Jury des Förderprogramms war Helmut Frommer urteilssicherer Partner vieler neu hinzugekommener Jurorinnen und Juroren bis zur jüngsten Sitzung im März diesen Jahres. Helmut Frommer gehörte auch zu den pädagogischen Fachleuten, die bei dessen Gründung 2006 in den Kreis der Expertinnen und Experten des Deutschen Schulpreises berufen wurden. Auch hier genoss er aufgrund seiner Erfahrung, Fairness und fachlichen Kompetenz größten Respekt.

Das Förderprogramm Demokratisch Handeln hat er jedoch nicht nur mit seinem großen praktischen und theoretischen, aus Lernpsychologie, Berufsbildung und allgemeiner Didaktik kommendem Wissen bereichert, sondern als Vermittler zwischen Schule, Bildungspolitik und Erziehungswissenschaft. Dass uns mit ihm zudem ein frankophiler, naturwissenschaftlich gebildeter, weltoffener württembergischer Protestant, Partner und Freund verlorengeht, der uns auch in kritischen Situationen mit Zuversicht, Menschenfreundlichkeit und Humor zur Seite stand, macht uns sein Tod schmerzhaft bewusst. Beispielgebend war nicht zuletzt, mit welcher Selbstdisziplin und Tapferkeit Helmut Frommer sich in den letzten Jahren seiner schweren Erkrankung gestellt und wie er weiter am fachlichen und öffentlichen Leben unserer Community teilgenommen hat.

Wir werden sein Andenken stets mit Dankbarkeit und Respekt bewahren.

Für das Förderprogramm Demokratisch Handeln

Wolfgang Beutel, Peter Fauser, Hildegard Hamm-Brücher, Jan Hofmann

und

Silvia-Iris Beutel
Volker Reinhardt
Rolf Schwarz
Fritz Schäffer
Christa Goetsch
Karlheinz Goetsch
Christel Schrieverhoff
Gundela Irmert-Müller
Grit Hiersemann
Mario Förster
Wolfgang Wildfeuer
Volker Reinhardt
Elke Urban
Joachim Grade
Arila Feurich
Benno Dalhoff
Ralph Leipold
Manuel Schiffer
Erich Ott
Dorothea Kröll
Manfred Schwarzmeier
Hiltrun Hütsch-Seide
Maria Schmidt
Ulrich Herrmann
Götz Plessing
Michaela Weiß
Kerstin Lüder
Gisela John
Jürgen John
Tilman Kressel
Thomas Thieme
Christine Wolfer
Ulrich Dellbrügger
Angelika Wolters
Michael Marker
Monika Buhl
Michael Ridder
Frank Ahrens
Angelika Wolters
Tim-Mathis Beutel
Helmolt Rademacher
Franz Jentschke
Toralf Schenk
Matthias Brock
Marion Rudelt
Harald Zeil
Klaus Wenzel
Harald Zeil
Gislinde Bovet

Kondolenzliste zeichnen »

(22.11.2016, DI)

 
© Demokratisch Handeln | Impressum | FAQ